Sind E-Autos als Zugfahrzeuge, beispielsweise für Bootstrailer, geeignet? Worauf sollten Fahrzeugführer beim Gespannbetrieb achten? MEER & YACHTEN machte den Test und hängte einen zwei Tonnen schweren Trailer (Gesamtgewicht), beladen mit unserem neuen Redaktions- H-Boot, an einen Porsche Macan Elektro Turbo.
Text / Fotos: Matt. Müncheberg
Mit einem E-Auto einen zwei Tonnen schweren Trailer ziehen? Und das auf einer längeren Strecke im Stadtverkehr und auf der Autobahn? Kann das gut gehen? Oder sollte man dazu lieber auf ein konventionelles, großhubiges Dieselmodell zurückgreifen, um „auf Nummer sicher“ zu gehen?
Nun, um es gleich vorwegzunehmen: unser Testfahrzeug, ein neuer allradgetriebener Elektro-Porsche Macan Turbo schlug sich in unserem Test hervorragend. Souverän meisterte das bis zu 430 kW / 584 PS leistende Fahrzeug mit einem maximalen Drehmoment von bis zu 1.230 Nm (Launch Control; Herstellerangaben) die Fahrt mit dem Schiffsanhänger, und zwar in jedem Verkehr – egal, ob bei niedrigen Geschwindigkeiten oder bei höherem Dauer-Speed auf der Autobahn.
Doch immer der Reihe nach: Für die rund 425 Kilometer-Fahrt von Kappeln in Schleswig-Holstein bis nach Berlin mit dem Zweitonnen-Anhänger berechnet unser Navi eine reine Fahrzeit von knapp viereinhalb Stunden. Soweit die Theorie, denn noch nicht mit einberechnet sind die „Tank“ (Lade-) Stopps, die langsamere Fahrweise in städtischen Gebieten und die Geschwindigkeitsbegrenzugen für Trailergespanne (mit 100 km/h-Zulassung) auf deutschen Autobahnen von 100 km/h.
Normalerweise kann der E-Macan in der Turbo-Version bis zu 260 km/h schnell fahren. Normalerweise beträgt die Reichweite kombiniert (WLTP) bei 518 – 590 km, die Reichweite innerorts (WLTP) wird vom Hersteller mit 670 – 762 km angegeben. Das sind ausgezeichnete Werte für den 4,78 Meter langen und leer 2,4 Tonnen (DIN) wiegenden Sportwagen. Die zulässige Zuladung wird mit 545 kg angegeben, die maximale Zuglast (gebremst) liegt bei zwei Tonnen und die Stützlast auf der (wegklappbaren) Anhänge-Zugvorrichtung wird mit 80 kg angegeben.
Doch was ist schon „normal“ bei einem E-Auto, wenn man hinten einen zwei Tonnen schweren Trailer anhängt? Der Stromverbrauch (kombiniert) wird von Porsche für das Solo-Fahrzeug mit 20,7 – 18,9 kWh/100 km angegeben. Bei einem Brutto-Energieinhalt der Batterie von 100 kWh (Netto-Energieinhalt 95 kWh) kommt man tatsächlich ein gutes Stück voran, wenn man „normal“ – sprich: nicht allzu sportlich – fährt. Das fällt zugegebenermaßen mit dem Macan nicht leicht. Doch im Trailerbetrieb ist – fast – alles anders.
In Berlin hängen wir den (leeren), etwa 500 kg wiegenden Bootstrailer an den Pkw und machen uns mit 93% geladenem Akku auf den Weg nach Kappeln, wo das H-Boot abgeholt werden soll. Als wir nach 150 Kilometern und 2:13 Stunden später bei Ionity in Wittstock ankommen, haben wir im Schnitt 31,7 kWh/100 km verbraucht, der E-Speicher zeigt immerhin noch 44 % Restkapazität an. Ein guter Wert. Damit fühlen wir uns auf der sicheren Seite. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit errechnete der Bordcomputer mit 67 km/h.
Das gute Resultat wird noch übertroffen bei unserem nächsten Ladestopp bei Ionity Buddikate Ost: nach weiteren 178 Kilometern auf der Piste und einer Gesamt-Fahrzeit von 4:26 bis hierher verbrauchten wir durchschnittlich 30,4 kWh/100 km, was wir auf die ausschließliche Autobahnfahrt zurückführen. Wir waren wieder mit 93% Kapazität gestartet; nun haben wir noch 39% übrig, im Schnitt fuhren wir 74 km/h schnell.
Wir laden erneut bis auf 95%, erreichen die freundliche Ancker-Marina in Kappeln kurze Zeit später, und der Hafenkran packt unser neues Redaktions-Boot auf den Trailer. Nun ist unser Doppelachs-Hänger etwa 1,5 Tonnen – so viel wiegt ein H-Boot plus Zubehör in etwa – schwerer. Wie wird sich das Zusatz-Gewicht auf das Fahrverhalten – und insbesondere auf den Verbrauch auswirken? Wir sind gespannt.
Bisher hatten wir nach ein paar Kilometern auf der Hinfahrt überhaupt nicht mehr gemerkt, dass wir einen (leeren) Trailer angehängt hatten – nur die Klappergeräusche erinnerten uns von Zeit zu Zeit daran, wenn wir über unebenen Untergrund oder Kopfsteinpflaster fuhren. Und durch das brachiale Drehmoment hätten wir bisher wohl auch mit dem angehängten Trailer fast jeden anderen Autofahrer an der Ampel alt aussehen lassen können.
Doch darauf kommt es uns nicht an. Heute wollen wir möglichst komfortabel und sicher unsere angehängte Zweitonnen-Last über die A24 nach Berlin, dem Redaktionssitz von MEER & YACHTEN, befördern. Hier, auf der schönen Dahme, dem Langen- und dem Seddinsee, soll das schlanke H-Boot schon bald seine neue Segel-Heimat finden.
7 Uhr – Start in der Werft in Kappeln. Zunächst bemerken wir – fast – keine Änderung am Fahrverhalten. Der Macan ist kräftig, man merkt ihm die Anhängelast kaum an. Egal ob beim zügigen Anfahren, bei Bergfahrt oder dem kurzzeitigen Beschleunigen auf der Autobahn, der E-Bolide zieht und zieht, dass es eine wahre Freude ist.
Eineinhalb Stunden später dann der nächste Lade-Stopp bei Aral Pulse Dätgen. Am Vortag waren wir mit 95 % Akkuladung in Buddikate Ost gestartet, davon sind 218 Kilometer später nur noch 18 % übrig – die letzten 40 Kilometer von der Gesamt-Fahrstrecke hatten wir bereits mit der Zweitonnen-Last am Haken in Richtung Berlin zurückgelegt. Den Verbrauch gab der Bordcomputer deshalb nun schon mit 44 kWh/100 km an, unsere Durchschnitts-Geschwindigkeit lag bei 52 km/h.
Da wir uns auf der Autobahn ausschließlich Schnellader auswählten, betrug die maximale Ladezeit (von minimum 13 bis maximal 95 % Ladekapazität) nie länger als eine gemütliche Kaffeepause. Ein wenig die Beine vertreten, ein kleiner Snack, weiter ging es. Die maximale Ladeleistung für Gleichstrom (DC) wird für den Macan Elektro Turbo mit 270 kW angegeben; die Ladezeit für Wechselstrom (AC) mit 11 kW (0 auf bis zu 100 %) soll nach Herstellerangaben 10 h betragen.
Die Ladezeit für Gleichstrom (DC) mit 150 kW (10-80 %) soll dagegen nur 33 min. betragen, die Ladezeit für Gleichstrom (DC) mit maximaler Ladeleistung (10-80 %) gar nur 21 min, was wir durch unseren Fahrtest bestätigen können. Um 119 km Reichweite nachladen zu können, benötigt der Macan bei 150 kW lediglich 10 min (WLTP), bei maximaler Ladeleistung kann man in 10 min sogar 240 km Reichweite „tanken“. Diese Werte gelten allerdings nur für den Solobetrieb des Fahrzeuges.
Nach ein paar Kilometern auf der Autobahn mit dem schweren Trailer am Haken werden wir mit der Zeit mutiger, lernen den Verbrauch vorausschauend zu berechnen. 10:37 Uhr: da wir den nächsten Schnellader an der Strecke voraussichtlich nicht schaffen werden, legen wir zunächst jedoch einen weiteren „Sicherheits“-Zwischenstopp nach nur 77 km bei Ionity Buddikate West ein.
Wir haben noch 60 % „im Tank“, sprich: im Akku, wir laden auf 98 %, unser derzeitiger Verbrauch liegt nun bei 45,8 kWh/100 km, das ist 2,2mal so viel wie im Solobetrieb; Durchschnitts-Speed: 58 km/h.
So erreichen wir ohne Probleme um 13:50 Uhr Ionity Wittstock mit 13 % Rest-Kapazität und zurückgelegten 179 km. Der Verbrauch hat sich bei 44,8 kWh eingepegelt. Wir sind inzwischen knapp fünf Stunden unterwegs; im Schnitt waren wir auf den letzten Kilometern 67 km/h schnell – dieser Wert gilt übrigens generell inklusive der Pausenzeiten, die reine Fahrgeschwindigkeit liegt deshalb jeweils entsprechend höher.
Schließlich erreichen wir – entspannt und ausgeruht – nach etwa achteinhalb Stunden Gesamt-Fahrzeit unseren Zielort im Südosten Berlins. Heute früh um 7 Uhr waren wir mit dem Trailer in Kappeln gestartet. Es ist 15:30 Uhr, als wir den Trailer abkoppeln (Punkt für die Verbrenner: mit einem solchen Modell hätte man die Tour mit maximal einem Tank-Stopp wohl in rund fünf Stunden bewältigen können).
Am nächsten Tag fahren wir dann noch einmal zur Tankstelle, dieses Mal zu Aral Pulse Berlin Schnellerstraße. Ein letzter Daten-Check ergibt: wir haben bei Ankunft noch gute 20 % „im Tank“, wir haben auf unserer letzten Etappe am Vortag in 1:21 h eine Distanz von rund 188 km zurückgelegt, der Verbrauch war schlagartig wieder auf durchschnittlich 22,9 kWh/100 km gesunken, denn wir waren ja nun schon wieder einige Kilometer (im Schnitt überwiegend im Stadtverkehr 31 km/h schnell) komplett ohne Hänger unterwegs.
Fazit: der allradgetriebene Elektro-Macan hat den Test mit Bravour bestanden. Souverän zog er seine Zweitonnen-Last durch die Stadt und über die Autobahn. Nie gab es Situationen der Unsicherheit oder des Zweifelns an der Erreichbarkeit der nächsten Ladestation.
Natürlich muss sich der Fahrer an die veränderte Situation anpassen: wir lernten schnell, die (für den Solo-Betrieb) berechnete und angegebene Reichweite entsprechend für den Trailerbetrieb zu interpretieren. Dann natürlich nahm die Reichweite in realo im Gespannbetrieb viel schneller ab als ohne Anhänger.
Unsere persönliche Faustformel lautete: wenn zum Ende der jeweiligen Fahr-Etappe hin die Anzahl der Kilometer höher stieg als die prozentuale Kapazität (in Relation zu der verbleibenden Entfernung zum Ziel), waren wir stets auf der „sicheren Seite“.
Man sollte sich vom System auch nicht verunsichern lassen: so empfahl uns der Bordcomputer etwa bei der Anfahrt von Ionity Wittstock, einen Umweg zu fahren, um (vorher, sicherheitshalber) eine andere, nähergelegene (aber langsame) Ladestation aufzusuchen.
Nach unseren bisher gesammelten Erfahrungen – und unseren eigenen Berechnungen – sollten wir Wittstock aber ohne Probleme erreichen können. So war es dann auch: Rest-Kapazität bei Erreichen der Ladestation 13 %, während uns das System – nun schon in schärferem Ton – rot blinkend ständig aufforderte, sofort zu wenden, um schnell noch woanders zu laden (was keinen Sinn ergab, denn wir waren ja bereits am Ziel).
Wer öfter (bis zu zwei Tonnen schwere) Boots-Trailer ziehen will, ist in Deutschland mit dem neuen, kräftigen E-Macan Turbo bestens bedient, denn das Netz an Schnellade-Stationen ist inzwischen gut ausgebaut, und der Allrad-Porsche verfügt im übrigen ja auch über eine komfortable, überdurchschnittliche Reichweite.
So wird einem das Gespannfahren leichtgemacht – auch wenn man natürlich stets ein Auge auf die aktuelle Kapazität, den Mehr-Verbrauch und die als nächstes anvisierte Ladestation haben sollte. Jedenfalls gibt es für uns ab sofort keinen Grund mehr, „aus Sicherheitsgründen“ für Trailerfahrten auf konventionelle Sechs- oder Achtzylinder-Diesel-Pickups oder ähnliche Gefährte zurückzugreifen. Diese Zeiten dürften nun endgültig vorbei sein.
Was das Laden an den von uns besuchten Stationen von Ionity und Aral angeht: hier würden wir uns wünschen, dass das Laden auch für Gespanne zukünftig leichter wird, indem speziell für Fahrzeuge mit Trailerbetrieb separate Ladesäulen aufgestellt werden, an die man – ohne abzukoppeln – „längsseits“ gehen kann.
Denn bislang bedeutet Laden mit einem E-Fahrzeug, das einen (längeren) Hänger zieht: erstens – auf die zumeist nahegelegene „konventionelle“ Tankstelle (oder einen nahen Parkplatz) fahren, zweitens – dort den Hänger abkuppeln und sichern, drittens – zur Ladesäule fahren und nachladen, viertens – den Hänger an dem anderen Ort wieder ankuppeln und erst dann – weiterfahren.
Das bedeutet auch, dass man sich als E-Gespannfahrer Gedanken darüber machen sollte, an welcher Ladestation genügend Platz zum kurzzeitigen Abparken des Hängers zur Verfügung steht.
Diese Probleme haben Benzin- oder Dieseltanker unter den Gespannfahrern aktuell nicht. Doch auch daran gewöhnt man sich schnell, und schließlich bedarf es für ein eingespieltes Team nur weniger Handgriffe, den Trailer ab- und wieder anzukuppeln, und man „verliert“ maximal pro Ladevorgang zehn Minuten für dieses Prozedere.
Auszug, kompletter Beitrag erscheint in unserer Print-Ausgabe 1-26 / Dezember von MEER & YACHTEN, Heft hier bestellen / abonnieren. Weitere Infos zum Auto hier.
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